Wer fällt unter den Anwendungsbereich des Whistleblower-Schutzgesetzes?
Das Whistleblower-Schutzgesetz erstreckt sich auf eine breite Palette von Personen: Angestellte, Auszubildende, Stellenbewerber:innen, Personen im Zivildienst, Zeitarbeitskräfte sowie Solo-Selbständige und behinderte Menschen in Werkstätten. Beamte, Soldat:innen und Richter:innen fallen ebenfalls unter dieses Gesetz und genießen den gleichen Schutz wie Angestellte. Darüber hinaus sind Personen, die Hinweisgeber:innen unterstützen oder mit ihnen in Verbindung stehen, wie etwa Ehepartner:innen, ebenfalls geschützt.
Wann trat das Whistleblower-Schutzgesetz in Kraft und welche Fristen sind zu beachten?
Das Gesetz trat am 2. Juli 2023 in Kraft, nachdem es am 12. Mai vom Bundesrat bestätigt und am 2. Juni im Bundesgesetzblatt verkündet wurde. Arbeitgeber:innen mit weniger als 250 Mitarbeitenden müssen interne Meldewege bis zum 17. Dezember 2023 einrichten. Die Bußgeldvorschriften für Arbeitgeber:innen werden sechs Monate nach Verkündung des Gesetzes wirksam, also ab dem 2. Dezember 2023.
Wo können Hinweisgeber:innen ihre Meldungen einreichen?
Hinweisgeber:innen haben die Möglichkeit, Meldungen entweder intern bei ihrem Arbeitgeber oder extern bei staatlichen Stellen einzureichen. Unternehmen müssen interne Meldestellen einrichten, die entweder spezielle Systeme, benannte Ansprechpartner:innen oder externe Dienstleister:innen wie Anwaltskanzleien umfassen können. Externe Meldestellen werden vom Staat betrieben, mit der Hauptstelle beim Bundesamt der Justiz. Für Finanzverstöße gibt es spezielle externe Meldestellen bei der BaFin und für Kartellrechtsverstöße beim Bundeskartellamt.
Ist es möglich, direkt an externe Meldestellen zu berichten?
Direkte Meldungen an externe Stellen sind für Hinweisgeber:innen möglich, auch wenn das deutsche Gesetz hierzu keine klare Aussage trifft. Nach europäischer Richtlinie stehen interne und externe Meldungen gleichberechtigt nebeneinander. Dies ergibt sich aus Art. 6 Abs. 1 b), Art. 7 Abs. 1 sowie Art. 10 2. Halbsatz der Whistleblower-Richtlinie.
Können Hinweisgeber:innen ihre Meldungen anonym erstatten?
Das Gesetz ermöglicht anonyme Meldungen, verpflichtet Arbeitgeber:innen jedoch nicht, anonyme Meldekanäle bereitzustellen. Es gibt keine Garantie, dass Meldungen anonym bleiben, und Unternehmen müssen anonyme Meldungen nicht zwingend bearbeiten.
Unter welchen Bedingungen ist eine Offenlegung an die Öffentlichkeit geschützt?
Eine Offenlegung, also die Weitergabe von Informationen an die Öffentlichkeit oder Presse, ist unter bestimmten Umständen für Hinweisgeber:innen geschützt. Dies gilt insbesondere in Notfällen oder bei drohenden irreversiblen Schäden, die das öffentliche Interesse gefährden. Auch wenn Repressalien drohen oder bei Unterdrückung von Beweismitteln, sowie nach einer externen Meldung ohne angemessene Reaktion, ist der Schutz gegeben. Beratung vor solch einer Offenlegung wird dringend empfohlen.
Welche Kriterien bestimmen den Schutz für Hinweisgeber:innen?
Welche Konsequenzen ergeben sich, wenn die Voraussetzungen des Gesetzes nicht erfüllt sind?
Auch Meldungen, die nicht den Voraussetzungen des Gesetzes entsprechen, sind erlaubt und bieten einen gewissen Schutz. Hierbei ist auf allgemeine Rechtsvorschriften, wie das Maßregelungsverbot des § 612a BGB, zurückzugreifen.
Welche Schutzmaßnahmen gibt es gegen Repressalien für Hinweisgeber:innen?
Das Gesetz verbietet Repressalien gegen Hinweisgeber:innen. Als Repressalien gelten unter anderem Kündigungen, Herabstufungen, Versetzungen, Gehaltskürzungen, negative Leistungsbeurteilungen, Diskriminierung und „Blacklisting“. Repressalien sind nach dem Gesetz unwirksam, jedoch sind kurze Fristen für rechtliche Schritte zu beachten. Das Gesetz sieht eine Vermutung vor, dass Benachteiligungen aufgrund der Meldung erfolgen, wobei der Arbeitgeber den Gegenbeweis erbringen muss.
Sieht das Gesetz Entschädigungen für von Repressalien betroffene Hinweisgeber:innen vor?
Das Gesetz sieht einen Schadensersatzanspruch vor, um benachteiligte Personen so zu stellen, als ob die Benachteiligung nicht eingetreten wäre. Ein Anspruch auf immateriellen Schadensersatz ist nach EU-Recht vorgesehen, jedoch im deutschen Gesetz nicht explizit erwähnt. Das Gesetz schließt zudem Forderungen nach Vertragsabschluss oder beruflichem Aufstieg aus.
Was passiert, wenn eine Person zu Unrecht von einem Hinweisgeber:in beschuldigt wird?
Bei vorsätzlich oder grob fahrlässig falscher Meldung ist der Hinweisgeber:in zum Schadensersatz verpflichtet.
Müssen Arbeitgeber:innen interne Meldekanäle einrichten und welche Voraussetzungen gelten hierfür?
Arbeitgeber:innen mit mehr als 50 Mitarbeitenden sind verpflichtet, interne Meldekanäle einzurichten. Diese Pflicht betrifft auch bestimmte Branchen mit weniger Beschäftigten.
Hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Einrichtung interner Meldekanäle?
Die Ausgestaltung des internen Meldekanals unterliegt der Mitbestimmung des Betriebsrats.
Welche Folgen hat es, wenn ein Arbeitgeber keinen Meldekanal einrichtet?
Nicht-Einrichtung eines Meldekanals kann zu Bußgeldern von bis zu 50.000 Euro führen. Arbeitnehmer:innen können sich in solchen Fällen an externe Meldestellen wenden.